Knieschmerzen

Wenn das größte Gelenk uns in die Knie zwingt - die Vielfalt der Knieschmerzen!

Stephanie Stöger
6 min. Lesezeit

Das Kniegelenk – ein kurzer Überblick

Unser Kniegelenk ist das größte im menschlichen Körper und stellt eine bewegliche Verbindung zwischen Ober- und Unterschenkel, sowie der Kniescheibe dar. Wegen der anatomischen Form des Kniegelenks und der komplexen inneren Komponenten (Menisken, Kreuzbänder, Seitenbänder) sowie der dazugehörigen Muskulatur, ist dieses Gelenk sehr verletzungsanfällig und auf lange Sicht von Abnutzungserscheinungen (Arthrose) geplagt.  Aufgrund von Fehlhaltungen, mangelnder Bewegung oder Überbelastung ist ein Zusammenspiel dieser Strukturen oft nicht mehr reibungsfrei möglich - Schmerzen rund um das Kniegelenk (Vorder-, Innen– oder Außenseite des Knies sowie in der Kniekehle) und Bewegungseinschränkungen entstehen.

Kennen Sie folgende Symptome?

  • Schmerzen nach Belastung

  • Schmerzen beim Treppab- und Bergabgehen

  • Anlaufschmerz (z. B. beim Aufstehen nach längerem Sitzen)

  • Steifheitsgefühl im Knie (in der Früh oder nach längeren Ruhephasen)

  • Reibegeräusche / „Knirschen“ bei Bewegung

Was sind die Ursachen für Knieschmerzen?

Traumatisch / Akut

Es muss unterschieden werden, wie es zu den Schmerzen im Kniegelenk gekommen ist. Liegt ein klares Trauma vor (z.B. „Umknicken“, „Knie verdreht“) kann eine Meniskusläsion, eine Kreuzbandruptur oder eine Bandverletzung in Betracht kommen. Weitere Anzeichen für eine akute Problematik sind die klassischen Entzündungszeichen: Rötung, Überwärmung, Schmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkung. Hierfür gibt es zahlreiche Ursachen. Suchen Sie bitte umgehend einen Arzt auf!

Funktionell

Unsere Theorie zur Entstehung von Knieschmerzen: Durch unseren heutigen Lebensstil schränken wir selbst die Bewegung des Körpers und dadurch der Kniegelenke ein. Täglich sitzen wir ca. 11 Stunden, während der Arbeit (Büro), zu Hause (TV, PC) oder im Auto. Dadurch wird die volle Beweglichkeit unserer Gelenke, Muskeln, Faszien und Nerven nicht ausgenutzt. Die Folge ist eine Verkürzung aller genannten Strukturen mit zunehmender Abnahme der Kraft, der Muskulatur und der Beweglichkeit.

Falsche Haltung
Zum Beispiel: Falsches Sitzen auf einem Stuhl

Die Folge ist eine Verkürzung der Waden- sowie der Oberschenkelmuskulatur. Dies erzeugt durch ihre Verspannung einen zunehmenden Druck auf das Kniegelenk und dadurch kippt das Becken nach hinten. Die Folge: durch die Position des Rundrückens entsteht mehr Spannung in der Hüftbeugemuskulatur und der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie auf die Gelenke der unteren Extremitäten. Der Teufelskreislauf beginnt: Muskeln verkürzen, Faszien verkleben, die Beweglichkeit nimmt ab, Stoffwechselprozesse werden gehemmt, Knorpelgewebe wird nicht ausreichend versorgt, die Schmerzen nehmen zu...

Dieses Überlegungsmodell trifft auch zu, wenn bereits Vorerkrankungen, wie zum Beispiel ein Meniskusschaden oder eine beginnende Arthrose, vorhanden sind. Denn die verkürzten und verklebten Muskeln verstärken die Gelenksbeschwerden – es entsteht mehr Druck im Gelenk! Die „Negativspirale“ muss also unterbrochen werden, um Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu normalisieren und die Heilung zu unterstützen.

Was ist noch zu beachten?

Der menschliche Körper ist stets als Ganzes zu betrachten, d.h. das Kniegelenk kann nicht isoliert gesehen und behandelt werden. Wie oben beschrieben, beeinflussen die oberen Segmente (Becken- und/ oder Schulterschiefstand) oder die unteren (Fußstellung) den Schmerzkreislauf. Auch hier gilt das ganzheitliche Arbeiten unserer Praxis!

Achten Sie auf festes Schuhwerk, richten Sie sich während des Sitzens auf oder probieren Sie auf einem Gymnastikball zu sitzen!

Richtiges Sitzen

Was können Sie selbst aktiv beisteuern?

Im Zuge meiner Bachelorarbeit habe ich mich ausführlich mit der Thematik der Gonarthrose ( = Kniegelenksarthrose) und einem Krafttraining der Beinmuskulatur beschäftigt. Beim Durcharbeiten und Auswerten einiger Studien bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Kombination des Trainings aus Entlastung, Kräftigung und Dehnen zu einer deutlichen Schmerzreduktion sowie einer Steigerung der Kraft und Stabilität im Kniegelenk führt.

Folgende Übungen zeigten sich als effektiv:

Entlastung durch Pendeln
Entlastung durch Pendeln
  • setzen Sie sich z.B. auf einen Tisch, sodass Ihre Beine frei schwingen können

  • die Oberschenkel sollen komplett aufliegen, um Scherbewegungen im Kniegelenk zu vermeiden um Traktion (= Zug) und somit Entlastung des Kniegelenks zu erreichen, legen Sie Wander- oder Skischuhe an oder benutzen Sie ca. 2kg- schwere Gewichtsmanschetten an jedem Knöchel

  • pendeln Sie locker mit den Beinen 1- 2 Minuten vor und zurück

  • Effekt: Entlastung des Kniegelenks vor allem bei akuten Schmerzen Aktivierung der Gelenkschmiere

Training der Bein- und Gesäßmuskulatur

Aktives Training der Bein- und Gesäßmuskulatur II
Aktives Training der Bein- und Gesäßmuskulstur
  • Seitenlage; ziehen Sie das unten liegende Bein in die Beugung und halten Sie es fest => dadurch wird die LWS entlastet

  • heben Sie das oben liegende Bein an, strecken Sie es nach hinten

  • dabei sollte sich das Kniegelenk, der Unterschenkel und das Sprunggelenk auf einer Höhe befinden

  • beidseits; atmen nicht vergessen; 15 Sekunden das Bein hinten halten; 7 Wiederholungen

  • Effekt: Kräftigung der Gesäßmuskulatur, die zur Stabilisation des Beckens nötig ist, Mobilisation des Hüftgelenks

Theraband
Theraband Teil 2
  • Stand; aufrechte Haltung; fester Stand

  • befestigen Sie das Theraband z.B. an einem Tischbein

  • steigen Sie in die Schlaufe, strecken das Kniegelenk und ziehen Sie die Zehen an

  • führen Sie das Bein nach hinten

  • nicht den Oberkörper bewegen!

  • beide Beine trainieren, Atmung nicht vergessen; 15 Wiederholungen; 3 Sätze

  • Effekt: Training der gesamten Bein- und Gesäßmuskulatur, Mobilisation des Hüftgelenks

Gymnastikball
Gymnastikball Teil 2

  • Stand; aufrechte Körperhaltung, breitbeiniger Stand

  • Gymnastikball oder wahlweise ein Handtuch / kleineren Ball in den unteren Rücken „klemmen“

  • führen Sie aus dieser Position eine Kniebeuge durch

  • die Kniescheibe soll nicht über die Zehenspitzen hinausragen!

  • 15 Wiederholungen, 3 Sätze

  • Effekt: Kräftigung der Bein- und Gesäßmuskulatur

Eine gute Ergänzung zum aktiven Training der Beinmuskulatur bietet das Radfahren

Dehnen der Beinmuskulatur

Oberschenkelrückseite
Oberschenkelrückseite
  • Rückenlage; positionieren Sie Ihre Beine an einem Türstock

  • ein Bein im 90° Winkel der Hüfte strecken, ziehen Sie die Zehen Richtung Nase, strecken Sie das Kniegelenk und legen Sie beide Arme nach oben über den Kopf

  • diese Position für 20 Sekunden halten, die Spannung lösen und 3mal wiederholen

  • im Anschluss das andere Bein

Oberschenkelvorderseite
Oberschenkelvorderseite
  • Stand; unbedingt eine Möglichkeit zum Festhalten suchen!

  • legen Sie ein Bein auf einen großen Gymnastikball und stellen Sie das andere Bein in Schrittstellung nach vorne

  • greifen Sie mit der Hand um das Sprunggelenk und ziehen Sie das Kniegelenk in die Beugung

  • versuchen Sie dabei die Zehen locker zu lassen

  • diese Position für 20 Sekunden halten, die Spannung lösen und 3mal wiederholen

  • im Anschluss das andere Bein

Dehnung Quadricebs
Eine Alternative zur Dehnung der Oberschenkelmuskulatur in Seitenlage
  • Seitenlage; unteres Bein maximal in Hüfte sowie Knie beugen und mit der unten liegenden Hand festhalten- dadurch wird die LWS entlastet

  • mit der anderen Hand greifen Sie das oben liegende Bein oberhalb des Knöchels

  • achten Sie darauf den Fuß und die Zehen zu entspannen

  • ziehen Sie das obere Bein nach hinten, während das Becken vorne bleiben sollte

  • diese Position für 20 Sekunden halten, die Spannung lösen und 3mal wiederholen

  • im Anschluss daran das andere Bein

Wadenmuskulatur

Für diese Dehnung verweise ich auf folgenden Artikel:

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Hexenschuss - Teil 2 Halswirbelsäule

Eine kleine Hilfe zur Selbsthilfe. Der Bereich der Halswirbelsäule

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